Sorgen und Ängste

Warum es so schwer fällt abzuschalten

Sorgen und Ängste - warum es so schwer fällt abzuschalten

von Lars Bösel

In der Firma wird über Einsparungen und Job Abbau gesprochen. Wenn ich jetzt meinen Arbeitsplatz verliere? Die Aufträge in der Selbständigkeit kommen nicht so, wie geplant und meine Rücklagen sind aufgebraucht. Was nun? Wer kann mir helfen? Muss ich mein Traum aufgeben? Vielleicht läuft es auch gerade in der Beziehung nicht so gut. Trennung oder weitermachen? Wir kennen alle solche Situationen. Oft sind die Gedanken diffus und für uns schwer greifbar. Wir können nicht richtig damit umgehen, haben das Gefühl, uns im Kreis zu drehen und sehen noch keine Lösungen. Ein flaues Gefühl im Magen kommt auf, Sorgen und Ängste, Frust.

Was machen wir nun damit? Wagen wir einen Blick hinter die Kulissen. Schauen wir uns Angst und Sorgen einmal etwas genauer an.

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„Im allgemeinen Sprachgebrauch ist die Sorge in erster Linie eine mehr oder weniger konkrete, mitunter länger anhaltende Befürchtung oder seelische Bedrückung. Darüber hinaus bezeichnet die Sorge für etwas oder jemanden (auch Fürsorge) eine Verantwortungsbeziehung zwischen Menschen oder Lebewesen, in der sich ein (Für-)Sorgender verantwortlich um ein ihm anvertrautes anderes Wesen (…) kümmert.“[1]

Aus Sorgen werden oft Ängste, und auch dafür gibt es natürlich Definitionen.

„Angst ist ein Grundgefühl, das sich in als bedrohlich empfundenen Situationen als Besorgnis und unlustbetonte Erregung äußert. Auslöser können dabei erwartete Bedrohungen, etwa der körperlichen Unversehrtheit, der Selbstachtung oder des Selbstbildes sein. Krankhaft übersteigerte oder nicht rational begründbare Angst wird als Angststörung bezeichnet.“[2]

Mit Sorgen und Ängsten beschäftigt sich und forscht die Wissenschaft in ganz verschiedene Richtungen mit unterschiedlichen Schwerpunkten. Zwei Richtungen, die wir sehr interessant finden, betrachten wir näher: zum einen das Thema, wieso es uns so schwerfällt, abzuschalten und zum anderen das Gebiet unserer Sorgen und negativen Gedanken.

Unser Gehirn ist auch in Ruhephasen hochaktiv.

Dr. Esther Kühn beschäftigt sich in ihrer Forschung mit der Innenwahrnehmung des Körpers und der Interaktion zwischen der Körperwahrnehmung und der sozialen Wahrnehmung. Im Online Magazin In-Mind erschien 2016 ein lesenswerter Artikel mit dem Titel „Das Gehirn kann nicht abschalten! Was tun?“[3]. In ihm beschreibt sie u.a. eine Situation, die wir alle kennen. Es geht in den Urlaub, wir freuen uns, endlich abschalten zu können. Doch leider gelingt uns das ganz oft nicht so gut und wie gewollt. Dr. Esther Kühn schreibt dazu, dass Jede:r fünfte Deutsche, entsprechenden Schätzungen zufolge, schon Burnout-ähnliche Phasen erlebt hat, in denen das Gefühl, nicht abschalten zu können, einhergeht mit emotionaler Erschöpfung, Unruhe und Anspannung. Der Urlaub oder der wohlverdiente Feierabend können nicht mehr sorgenfrei erlebt werden, oftmals kommen Schlafstörungen hinzu. Die Frage lautet, warum können wir nicht abschalten und geraten in Stress? Warum können wir unsere Seele nicht einfach baumeln lassen und uns erholen, gerade dann, wenn wir es brauchen?

Erste Hinweise dazu findet Dr. Esther Kühn in Studien aus der neurowissenschaftlichen Forschung zum sogenannten Resting State (Ruhezustand) unseres Gehirns. Sie zeigen, dass unser Gehirn auch in Ruhephasen hochaktiv ist und die Aktivitäten dabei denen ähnlich sind, die auch während der sogenannten Task States (Aktivitätszustand) zu finden sind, wie etwa bei der Arbeit. Das bedeutet, dass viele Teile unseres Gehirns nicht zwischen Ruhe und Aktivität unterscheiden. Das würde erklären, warum uns das Abschalten oft nicht gelingt. Es stellt sich also die Frage, wie wir aus diesem neuronalen Teufelskreis herauskommen. Zu Hilfe kommen uns Erkenntnisse der neurowissenschaftlichen Forschung, die sich, in Verbindung mit der Emotionsforschung, lange Zeit immer auf den Menschen als handelndes und problemlösendes Wesen und auf akute Situationen konzentrierte. Forscher:innen realisierten, dass es mehr gibt als reine Reaktionen auf Umweltreize. Sie richteten ihr Augenmerk auf die Ruhe, auf den Zustand, in dem wir abschalten, uns komplett den eigenen Gedanken hingeben und Kraft für das vor uns liegende sammeln. Was tut unser Gehirn, wenn es eigentlich nichts zu tun gibt?

Das „Resting-State-Network“

Bild von Gerd Altmann auf Pixabay

Forscher:innen starteten Experimente, bei denen Versuchspersonen nicht mit Aufgaben betraut wurden, sondern nur die Anweisung bekamen, an nichts Bestimmtes zu denken. Identifiziert wurde dabei ein Resting State Network, das im Gehirn aktiviert wird, wenn wir uns in einem Ruhezustand, befinden, der aber nicht mit dem Schlafen vergleichbar ist. Bei weiteren Experimenten wurde festgestellt, dass vorwärts gerichtetes Denken in den Ruhephasen oft planerisches Denken beinhaltet und insbesondere von Individuen ausgeführt wird, die hohe mentale Kapazitäten besitzen[4]. Schlechte Stimmung wiederum kann dazu führen, nach Ruhephasen nicht wieder in die Aufgabe zurückzufinden[5]

Es begann sich die Erkenntnis durchzusetzen, dass der Ruhezustand sehr viel mehr mit unserem Alltag zu tun hat, als man dachte. Das Gehirn kalibriert sich in der Ruhe nicht komplett neu, es scheint oft in alten Schleifen zu verbleiben[6]. Daran könnte es liegen, dass manche Menschen Schwierigkeiten haben, in der Ruhe abzuschalten und sich in beruflichen Stressphasen die nötige geistige Erholung verschaffen. 

Wie also soll nun das Abschalten funktionieren, wenn das Gehirn die Tendenz hat, in der Ruhe in ähnlichen Gedankenschleifen zu verbleiben, wie während der Arbeit? Es scheint so zu sein, dass der Versuch, abends auf der Couch von jetzt auf gleich abzuschalten und den Gedanken Ruhe zu gönnen, oft zum Scheitern verurteilt ist. Die Forschung legt nahe, dass es sich lohnt, schon während der Tätigkeitsphasen an andere Themen zu denken. Dr. Esther Kühn schreibt, dass es Hinweise auf die positive Wirksamkeit des Erlernens von Entspannungstechniken für die Zeiten der Ruhe gibt. Dazu gehören z.B. autogenes Training oder auch Achtsamkeitsmeditationen. Sie hebt die Wichtigkeit eines ausgeglichenen Alltags hervor und entlarvt den Gedanken, z.B. im Urlaub plötzlich ein anderer Mensch sein zu können, als unrealistisch. Das Trainieren neuer neuronaler Netzwerke braucht Zeit und Geduld. Es ist vielversprechend, regelmäßig im Alltag neuen Aktivitäten nachzugehen und diese schrittweise zu trainieren.  

Was bedeutet das nun? Aus unserer Sicht in erster Linie, dass es völlig normal ist, die Ängste und Sorgen nicht abstellen zu können. Aber wir können uns gezielt darauf vorbereiten, aus dem Kreislauf von Sorgen und Ängsten und Ängsten und Sorgen auszubrechen.

Wenn aus Sorgen Ängste werden, wird’s kritisch

Schauen wir uns mal noch eine andere Richtung an. Oft beschäftigen sich Menschen bereits im Vorfeld mit negativen Gedanken, die sie selbst, Andere oder die Umwelt betreffen. Menschen, die sich Sorgen machen, erwarten bestimmte Gefahren oder Ereignisse und denken, fühlen und handeln dementsprechend. Wenn Sorgen größer werden oder man sich in diese hineinsteigert, besteht die Gefahr, dass Sorgen zu Ängsten werden und z.B. auch Angststörungen auslösen. Ein Artikel auf der Webseite der Neurologen und Psychiater im Netz[7] schreibt zur Thematik, dass wir bis zu einem gewissen Grad Sorgen als normal betrachten können, weil sie uns helfen, wachsam, vernünftig und vorausschauend zu sein. Wenn uns Sorgen aber immer häufiger belasten und immer mehr Raum in unserem Leben einnehmen, zeitlich andauern und auch noch von Ängsten begleitet werden, besteht die Gefahr einer Angststörung. Oft begleiten auch körperliche Symptome das Erleben von Sorgen und Ängsten, schreiben die Verfasser des Artikels. Charakteristische körperliche Beschwerden sind dabei u.a. Herzklopfen, Schweißausbrüche, Beklemmungen, Verspannungen und Hitze- oder Kälteschauer. Auch Schlafstörungen und Konzentrationsstörungen sind möglich. Interessant ist auch die Feststellung der Experten:innen, dass ungefähr 5 von 100 Menschen im Laufe ihres Lebens an sogenannten generalisierten Ängsten erkranken, Frauen etwa doppelt so häufig wie Männer. Zudem tritt dies oft zwischen dem 35. und 45. Lebensjahr auf.

Um Ängsten und daraus folgend tieferen Störungen und Krankheiten vorzubeugen, liegt ein großes Augenmerk auf unseren Fähigkeiten, uns selbst zu helfen, und dem Erlernen dieser Fähigkeiten. Dazu gehören z.B.[8]:

  • sich geeigneten Gesprächspartnern anvertrauen und Unterstützung erfahren, 
  • sich darüber Klarheit verschaffen, was einen belastet oder die Stimmung verdorben hat, 
  • nicht im Grübeln versinken, 
  • mit anderen Menschen Zeit verbringen, 
  • Dinge unternehmen, die Freude bereiten,  
  • weiterhin die Hobbys ausüben,
  • Entspannungstechniken (Yoga, Atemübungen usw.) anwenden,
  • körperlich aktiv sein – am besten an der frischen Luft im Grünen,
  • einen geregelten Tagesablauf beibehalten oder einrichten, in dem ruhige Mahlzeiten, Pausen und ausreichend Schlaf berücksichtigt werden.

Sie sehen, es gibt verschiedenste Möglichkeiten, die gut gelingen können, aus einer negativen Gedankenwelt mit Sorgen und Ängsten heraus zu kommen und sich sozusagen positiv zu konfektionieren. Stellen Sie sich Situationen vor, die Ihnen richtig guttun, Ihnen Freude machen und die alle Ihre Sinne positiv ansprechen. Und schaffen Sie sich diese Situationen aktiv. 

Kommen Sie ins Handeln. Wenn Ihnen das alleine nicht gelingt, empfehlen wir: 

Geführte Meditation 

Audio

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Lassen Sie sich begleiten – auf der Suche nach ….

Individuelles Coaching

persönlich, digital via Video

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Lassen Sie sich von erfahrenen Coaches dabei helfen, Bilanz zu ziehen, hinter die offensichtlichen Dinge zu schauen und sich selbst neu auszurichten – auch wenn die Veränderungen schlussendlich vielleicht nur geringe sein.

Offener Workshop

digital und analog

Lassen Sie sich durch einen Prozess der Selbstreflexion führen, tauschen Sie sich mit Anderen aus, denen es ähnlich geht, und erweitern Sie ihre mentalen Landkarten mit Hilfe gezielter Impulse. 

[1] Wikipedia, Sorge https://de.wikipedia.org/wiki/Sorge, 10.03.2021

[2] Wikipedia, Angst https://de.wikipedia.org/wiki/Angst , 10.03.2021

[3] Esther Kühn (2016). Das Gehirn kann nicht abschalten! Was tun?, in: The Inquisitive Mind, 4/2016, https://de.in-mind.org/article/das-gehirn-kann-nicht-abschalten-was-tun?gclid=EAIaIQobChMIvKT20cux7QIVW-nmCh0A0wkiEAMYASAAEgJHOfD_BwE, 10.03.2021

[4] Benjamin Baird, Jonathan Smallwood, Jonathan W Schooler (2011): Back to the future: autobiographical planning and the functionality of mind-wandering, in: Conscious Cogn. 2011 Dec;20(4):1604-11, https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/21917482/, 10.03.2021

[5] Jonathan Smallwood, Annamay Fitzgerald, Lynden K. Miles, Louise H. Phillips (2009): Shifting moods, wandering minds: Negative moods lead the mind to wander, in: Emotion, 9(2), 271–276. https://doi.org/10.1037/a0014855, 10.03.2021

[6] Mahiko Konishi, Donald George McLaren, Haakon Engen, Jonathan Smallwood (2015). Shaped by the Past: The Default Mode Network Supports Cognition that Is Independent of Immediate Perceptual Input, in: PLoS One. 2015 Jun 30;10(6):e0132209. https://doi.org/10.1371/journal.pone.0132209, 10.03.2021

[7] Ständiges Gefühl von Besorgtheit und Anspannung kann auf Angststörung hinweisen, https://www.neurologen-und-psychiater-im-netz.org/psychiatrie-psychosomatik-psychotherapie/ratgeber-archiv/meldungen/article/staendiges-gefuehl-von-besorgtheit-und-anspannung-kann-auf-angststoerung-hinweisen/, 10.03.2021

[8] Selbsthilfe & Angehörige: Persönliche Selbsthilfe, https://www.neurologen-und-psychiater-im-netz.org/selbsthilfe-angehoerige/selbsthilfe/persoenliche-selbsthilfe/, 10.03.2021

Titelphoto: Photo by Nik Shuliahin on Unsplash

Autor: Lars Bösel

Autor: Lars Bösel

Mind Fuck Coach, selbständig

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