Was Arbeitslosigkeit mit Trauer zu tun hat…

Was Arbeitslosigkeit mit Trauer zu tun hat...

von Dieter Bickenbach

Erich Pfeiffer wurde nach 15 Jahren im selben Unternehmen gekündigt. Sein Job: Leiter der IT. Er war ein bundesweit anerkannter Fachmann auf seinem Gebiet, hatte es in die Top 10 bei der Wahl des CIO des Jahres geschafft und wurde trotzdem gekündigt[1]. Brigitta Schwartz musste nach 19 Jahren gehen. Sie hatte sich für die Firma aufgeopfert und war der Überzeugung, Anspruch auf den nächsten Karriereschritt zu haben. Als sie den ultimativ einfordert, wird ihr klar gemacht, dass es auch ohne sie geht[2]. Jürgen Kielholz fiel einer Restrukturierung zum Opfer, nachdem er mehrere Jahre internationale Teams geleitet hatte, die über alle Kontinente verteilt waren[3]. Und auch Geschäftsführer sind vor solcherlei Unbill nicht gefeit. Hans-Peter Neeb hat es nach 10 Jahren als Geschäftsführer einer Marketing-Agentur getroffen[4], mich schon nach einem halben Jahr als Vorstand einer kleinen Aktiengesellschaft.

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Das sind nur einige Geschichten von Führungspersonal, das sich plötzlich vor der Tür und als Beispiel in der Presse wiederfand. Es ist inzwischen normal, dass Managerinnen und Manager ihren Job verlieren, oft jenseits der 50 neu beginnen müssen oder sich gänzlich neu erfinden – auch wenn es keine offiziellen Zahlen darüber gibt. Geben Sie doch mal bei Google „manager arbeitslos“ ein. Schon an vierter Stelle bietet Ihnen Google in der Autovervollständigung „wenn manager arbeitslos werden“ an. Aber auch gut qualifizierte Menschen um die Vierzig erwischt es häufig genug. Ich war zweiundvierzig, als ich plötzlich draußen stand.

Wenn wir ehrlich sind, reden wir nicht gerne darüber. Oft empfinden wir es als peinlich. Wir machen das mit uns, unserer Familie oder allenfalls unserem engsten Umfeld aus. Wir werden das schon meistern. So wie all die anderen Schwierigkeiten in unserem Leben – eine ganz normale Einstellung, insbesondere als ehemalige Führungskraft. Das ist auch gut so, denn dem Handelsblatt zufolge sind Manager ohne Job in Deutschland nach sechs Monaten „nicht mehr hoffähig – das belegt eine Studie, die dem Handelsblatt exklusiv vorliegt“ von 2005.[5] Ob das heute noch so ist, mag dahin gestellt sein. Es erscheint allemal vernünftig, die eigene Situation nicht laut in die Welt hinaus zu posaunen, sondern gezielt die Leute anzusprechen, die für den nächsten Karriereschritt relevant sein könnten. Aber auch das stellt sich oft als gar nicht so einfach heraus.

Es ist für jede und jeden eine große individuelle Leistung,
sich auf die neue Situation einzustellen
– selbst,wenn sie nicht überraschend auftritt.

Für die, die es trifft, ist es eine große individuelle Leistung, sich auf die neue Situation einzustellen – selbst, wenn sie nicht überraschend auftritt. Das ist völlig unabhängig von der vorherigen Stellung. Es ist ein Verlust zu verarbeiten und eine neue Aufgabe zu finden. Das ist uns zum Beginn dieser Reise in den wenigsten Fällen bewusst. Aber selbst wenn, wird es nicht einfacher. Es beginnt damit, dass Sie plötzlich wieder Bewerbungen schreiben müssen. Die meisten haben das schon sehr lange nicht mehr getan. Es setzt sich fort mit der Erkenntnis, dass die eigenen Netzwerke doch nicht so stabil und tragfähig sind, wie wir es uns selbst eingeredet haben. Und da hört es noch lange nicht auf.

In unterschiedlichen Studien beschreiben die jeweiligen Autoren den mentalen Anpassungsprozess, den die nunmehr Arbeitslosen durchlaufen mussten, bis eine Neuausrichtung erfolgreich vollzogen war[6]. Es sind immer wieder dieselben und sie ähneln sehr dem Verlauf, in dem Trauer und Verlust verarbeitet wird. Und genau darum geht es, um die Verarbeitung von Trauer und Verlust. Gelingt sie nicht, droht Resignation.

Wollen Sie mehr darüber erfahren? Dann sollten Sie weiterlesen.

Plötzlich arbeitslos –
5 Phasen der Verarbeitung und eine Unmenge Strategien

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Arbeitslos zu werden, ist ein Schock. Arbeitslosigkeit bedeutet Verlust – Verlust von Sicherheit, Verlust von Einkommen und oft auch Verlust von Macht und Status – insbesondere für ehemalige Führungspersönlichkeiten. Was geschieht mit Menschen, die aus einer Führungsposition heraus arbeitslos werden? Wie gelingt es ihnen, den Schock zu überwinden und eine neue Perspektive zu entwickeln. Wir wollten mehr darüber wissen und haben uns auf die Suche gemacht.

Top-Manager in beruflichen Umbruchphasen

Wie der Umbruch erlebt wird und die Neuausrichtung gelingt

Autoren: Debnar-Daumler, S., Heidbrink, M., Brands, J., Verfürth, C.

Die Autoren beschreiben den typischen Phasenverlauf der Emotionen und Kognitionen im Zuge eines beruflichen Umbruchs bei Top-Managern. Es werden psychologische Einflussfaktoren analysiert und Strategien aufgezeigt, wie eine ungewollte Trennung möglichst gestärkt gemeistert werden kann. Es zeigt sich, dass der Verlust einer Top-Executive Position meist eine Erschütterung einer zentralen Säule der Identität darstellt.

Leseempfehlung, erhältlich im Buchhandel

Stress- und Coping-Inventar (SCI)

Dr. Lars Satow, Psychologe aus Markdorf, hat auf seiner Website eine Reihe psychologischer Tests abgebildet – unter anderem das Stress- und Coping-Inventar, mit dem Sie herausfinden, welches Ihre bevorzugte Strategie im Umgang mit Stress-Situationen, wie dem Verlust des Arbeitsplatzes, ist.

Es gibt den Test in einer kostenlosen Online-Version und einer kostenlosen Papierversion zum analogen Ausfüllen und Auswerten. Wenn Sie tiefer einsteigen wollen, können Sie auch noch ein Manual für den Test erwerben. Nehmen Sie sich ausreichend Zeit für die Bearbeitung. Es sind einige Fragen zu beantworten.

[1] Gekündigt – nach 15 Jahren als Führungskraft, von Jürgen Mai, in: Wirtschaftswoche, 18.10.2009, https://www.wiwo.de/erfolg/jobsuche/jobverlust-gekuendigt-nach-15-jahren-als-fuehrungskraft/5584742-all.html, 05.03.2021

[2] Arbeitslose Chefs – wenn Manager den Job verlieren, von Jeannine Hierländer, in: Die Presse, 14.05.2019, https://www.diepresse.com/5628002/arbeitslose-chefs-ndash-wenn-manager-den-job-verlieren, 05.03.2021

[3] Vom System ausgespuckt – wenn gut ausgebildete Führungskräfte arbeitslos werden, von Barbara Klauß, in: Rhein-Neckar-Zeitung, 22.10.2019, https://www.rnz.de/wirtschaft/wirtschaft-regional_artikel,-vom-system-ausgespuckt-wenn-gut-ausgebildete-fuehrungskraefte-arbeitslos-werden-_arid,474377.html, 05.03.2021

[4] Arbeitslose Manager – Bin Chef, suche Stelle, von Tim Farin, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 02.12.2013, https://www.faz.net/aktuell/karriere-hochschule/buero-co/arbeitslose-manager-bin-chef-suche-stelle-12686076.html?printPagedArticle=true#pageIndex_2, 05.03.2021

[5] Arbeitslose in Nadelstreifen, von Katrin Terpitz, in: Handelsblatt, 20.02.2005, https://www.handelsblatt.com/karriere/chancen-werden-oft-zu-hoch-eingeschaetzt-arbeitslose-in-nadelstreifen/2476268-all.html?ticket=ST-10206698-QYYQDw9ureQJN4YgqCwx-ap2, 05.03.2021

[6] Bereits 1938 beschreiben Eisenberg und Lazarsfeld vier Phasen der Anpassung an Arbeitslosigkeit. Zunächst wird der Verlust der Arbeit als Schock erlebt, der zu einem Gefühl der Verzweiflung, Apathie und schließlich zu Resignation führt.

Titelphoto: Christian Ridder (http://business-as-visual.com/)

Autor: Dieter Bickenbach

Autor: Dieter Bickenbach

Co-Gründer und Geschäftsführer des geschaeftswarenladens

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