Unsicherheit, Nicht-Wissen, keine Antworten

trotz aller Ängste die Ärmel aufkrempeln

Unsicherheit, Nicht-Wissen, keine Antworten

von Lars Bösel

Mein erster großer Bruch im Leben passierte, als ich 16 Jahre alt war. Ich steckte inmitten der Abschlussprüfungen der 10. Klasse, als mein Vater plötzlich an Krebs erkrankte und innerhalb von zwei Monaten verstarb. Von heute auf morgen wurde ich in das Erwachsensein geworfen. Ich funktionierte in einem Automatismus, ohne großes Nachdenken. Alles ging so schnell. Auf der einen Seite Prüfungen gut beenden, auf der anderen Seite die Familie stärken und zusammenhalten. Getragen haben mich Tanten und Onkel, die einfach immer da waren und meine Freunde, deren Türen immer für mich offenstanden, egal zu welcher Zeit. Für mich galt damals aber schon, weiter machen. Zudem vermischte sich diese Zeit der Trauer mit dem Start ins Berufsleben, was mir sehr half, weiterzumachen.

Photo by National Cancer Institute on Unsplash

Für mich ist zurückblicken wichtig, weil ich glaube, dass wir aus dem Verstehen der Vergangenheit und dem Lernen aus dieser, vorwärtsschauen können. Und so will ich Ihnen ein wenig über große Brüche in meinem Leben erzählen, wie sie mich geprägt haben und wie ich mit ihnen umgegangen bin.

Die Wende

Der zweite und umfassende Bruch in meinem Leben war die Wende 1989. Ich war zufrieden mit meinem Leben, meinem Beruf und meiner Arbeit, studierte berufsbegleitend, wohnte mit meiner Freundin in einer schönen Altbauwohnung und wir erwarteten Nachwuchs. Ich war politisch und kirchlich aktiv, und wir wollten die DDR nicht abschaffen, sondern unser Land verändern. Dann ging alles ganz schnell, Demos, Maueröffnung – alles in Richtung Wiedervereinigung. Schock, Freude und Ängste wechselten sich in schneller Geschwindigkeit ab. Freude auf unser Baby, das Wiedersehen mit meiner Westberliner Verwandtschaft, offene Grenzen und auf der Gegenseite, die Erkenntnis, dass jetzt alles anders werden würde, kein neues Land, sondern Beitritt und was wird mit meiner Arbeit und unserer kleinen Familie? Klar war, dass sich die Arbeitswelt, wie ich sie kannte, radikal verändern würde. Wir waren völlig unvorbereitet und zuerst auch ratlos.

Rückblickend betrachtet, war diese Unsicherheit, das Nichtwissen auch das Gute.

Da es keine Antworten auf die ganzen Fragen gab, handelte ich einfach intuitiv danach, was jetzt für mich und uns am Wichtigsten sein würde. Wo gibt es gute Berufsaussichten, wie können wir unserem Kind ein bestes Umfeld bieten. Die Suche, also aktives Handeln, begann. Schlussendlich verließen wir Berlin (was für mich eigentlich vor der Wende undenkbar war), bauten uns auf dem Hof meiner Schwiegereltern eine Wohnung aus, und starteten beide einen neuen Berufsweg in einer Bank. So wechselte ich die Branche von Technik und Produktion in Richtung Finanzwirtschaft. Damals ging das.

Bevor es in meinem Leben den bisher letzten und großen Bruch gab, vergingen über 25 Jahre Festanstellungen mit den Stationen Banker, Unternehmensberater und dann im Bereich Vertrieb und Management eines großen amerikanischen Konzerns. Der Job im Konzern war gut bezahlt, ich nannte es Schmerzensgeld, und die Arbeit machte mir viele Jahre Spaß. Veränderungen in der Führung und Entwicklung in der Firma bewirkten das, was auch immer wieder in Beziehungen passiert. Die Liebe erkaltet, man lebt sich auseinander.

Ich wollte was anderes machen, hatte aber keine Idee was.

Zudem war ich fast 50 und da gab es schon Bedenken in Richtung „Du bist zu alt für einen neuen Job.“ Zu der Zeit hatte ich, inspiriert durch eine Radiosendung eine professionelle Coaching-Ausbildung begonnen und hatte die erste Prüfung hinter mir. Der Hunger auf mehr ließ mich mit der Ausbildung weitermachen. Langsam reifte die Idee und Vorstellung, wie schön es sein könnte, damit mein Geld zu verdienen. Parallel dazu wuchsen die abwehrenden Gedanken. Wenn Du Deinen Job jetzt aufgibst, bekommst Du nie wieder einen oder auch, dass es mit der erfolgreichen Selbständigkeit sowieso nicht klappen kann. Und viele sagten auch, dass man dann selbst und ständig ist, also immer im Ringen um Aufträge. Die Veränderungslust war aber groß und so kam ich auch hier ins Handeln und stellte mich diesen ganzen Ängsten. Etliche Coachings, Selbstreflexionen und schlaflose Nächte später stand eins fest. Ob es funktioniert, bekommst Du nur heraus, wenn Du es versuchst. Mit Rückhalt aus der Familie fiel die Entscheidung – nach über 30 Jahren in Festanstellung machte ich mich selbständig. Das war vor 5 Jahren. Bis heute habe ich diese Entscheidung nicht bereut. Der größte Erfolg meiner jetzigen Selbstständigkeit ist, mein Leben so zu leben, wie ich es möchte. Nicht, dass ich tun und lassen kann, was ich will – aber, dass ich nicht tun muss, was ich nicht will.

Umbrüche gehören zum Leben

Wenn ich heute auf diese lange Zeit und die Umbrüche zurückschaue, kann ich sagen:

  • Umbrüche gehören zu unserem Leben. Sie kommen unerwartet oder bahnen sich unbewusst an, man kann sie nicht planen.
  • Entscheidend ist es, aus der Situation des Reagierens in ein aktives Handeln zu kommen.
  • Es ist wichtig, Unterstützung anzunehmen, passiv wie aktiv. Sei es durch Familie und Freund:innen oder das zulassen externe Hilfe durch Mentoring, Coaching o.ä.
  • Es ist wichtig, dass ich an mich und das, was ich tue, glaube und mir hilft ein Motto meines Lebens immer weiter – an Dinge, Themen und Aufgabenstellungen mit Neugier, Vertrauen und Freude an der Erfahrung heranzugehen.

Welche Umbrüche oder Brüche gab es in Ihrem Leben. Wer und was hat Ihnen geholfen, damit umzugehen. Wie haben Sie es persönlich geschafft? Denken Sie einmal zurück, was Ihnen in der Vergangenheit geholfen hat, wenn Sie heute vielleicht wieder vor einem Umbruch stehen.

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Autor: Lars Bösel

Autor: Lars Bösel

Mindfuck®-Coach / Beratung / Moderation

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